Ich komm gerade mal wieder aus der Wüste Negev, da lag die Strecke am Weg.
Warum laufen Sie? Sie sind ja nicht mehr der Jüngste.
Ach, ich hab einfach irgendwann angefangen. Da wollte ich nur auf den Berg Horeb. Aber als ich einmal in Schwung war, hab ich weitergemacht. Laufen befreit den Kopf von Sorgen und lenkt den Blick auf die wichtigen Dinge im Leben.
Und was gibt Ihnen die Ausdauer für diese langen Strecken?
Ich hatte mal einen Tiefpunkt. Das war, bevor ich mit dem Laufen angefangen habe. Ich lag in der Wüste unter einem Ginsterbusch und wollte nur noch sterben. Da kam so ein Typ vorbei, den ich nicht kannte, und hat mir was zu Essen gegeben. Ich hab mir gedacht, iss noch mal was, dann knurrt dir beim Sterben wenigstens nicht der Magen. Das passierte zweimal und dann war ich so abgefüllt mit Energie, dass ich gar nicht mehr ans Sterben denken konnte. Seitdem bin ich unterwegs.
Woher bekommen Sie denn diese Powerriegel, wenn Sie doch jeden Tag woanders sind?
Ich muss sie ja gar nicht bekommen. Ich habe einmal davon gegessen und laufe seitdem Tag und Nacht, ohne rasten zu müssen.
Ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, Herr E., aber das klingt wie Doping.
Ach, vergessen Sie Doping! Doping ist was für Weicheier. In meinem Alter habe ich solchen Kinderkram längst hinter mir gelassen, das habe ich wirklich nicht nötig.
Wie alt sind Sie denn, wenn ich mir diese Frage erlauben darf?
Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen. Als König Ahab an der Macht war, hab ich meinen ersten Lauf gemacht, eben den auf den Berg Horeb. Alles weitere können Sie sich selbst ausrechnen.
König Ahab? Das war doch im Alten Testament! Geht es Ihnen noch ganz gut, Herr E.?
Aber sicher. Und jetzt nehmen Sie endlich ihr Mirkophon aus meinem Gesicht, ich will ungestört weiterlaufen.
Das Interview führte Haldemar Wartmann für das exclusive Sportmagazin juppidu
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