Mittwoch, 11. Juni 2014

Die Kunst des Umblätterns

Wenn du es beim Lesen nicht existenziell eilig hast, kannst du dir beim Umblättern immer ein winziges bisschen Zeit lassen und dir im Kopf die Szene weiterdenken, die durch das Seitenende unterbrochen wurde.
Ich habe es oft eilig beim Lesen, lese unsauber, überspringe Zeilen und Worte, weil es woanders ja auch interessant ist, stelle fest, dass mir Fakten fehlen, kehre zurück, lese nach, was ich später hätte gewusst haben müssen. Aber am Seitenende muss ich innehalten.

Nun lese ich ein Buch von Camilleri -- nicht ungewöhnlich, dass ich das tue, aber es ist neu, ich kenne es noch nicht, es ist der elfte Fall des Commissario Montalbano. Die Flügel der Sphinx.

Seite 11 unten.
Salvo Montalbano zu seinem Vize Mimí Augello, der vom Leichenfundort kommt, wo der Commissario noch nicht war: „Was meinst du damit?“
„Ich meine damit, dass du mich, wenn ich dich nicht hergerufen hätte, später mit deinem Wieso-hast-du-mir-dies-nicht-gesagt und warum-hast-du-mir-das-nicht-gesagt gelöchert hättest.“
„Wie ist die Tote?“
Seitenende.
Was wird die Antwort sein?
Auf so eine seltsame Frage muss Augello mit einem dummen Spruch antworten, so ist er eben. Und diese Frage, „Wie ist die Tote“ reizt auch ungemein dazu, blöd zu antworten!
„Tot!“
Umblättern.
„Tot“, sagte Augello.
Wieherndes Lachen meinerseits.
Ich kenne diese Burschen lang genug, um so etwas vorausahnen zu können.
So machen selbst Umblätter-Zwangspausen Spaß.

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