Montag, 7. März 2016

Audienz bei der Frau des Tages

Ausblick von heute früh
"Werte Frau Holle! Haben Sie eigentlich noch alle Tassen im Schrank?", regt sich mein Chef auf, als er endlich in ihr Büro vorgelassen wird. Ach, Büro, der Raum sieht mehr nach einer Wohnküche aus. Frau Holle ist eher der häusliche Typ, sie mag es gemütlich.
"Junger Mann, nicht in dem Ton, ja?", wehrt sie sich. "Was ist überhaupt das Problem? Das bisschen Schnee!" Die Stimmung ist gereizt. Frau Holle hat schon länger das Gefühl, es keinem recht machen zu können.
"Aber gucken Sie doch mal auf den Kalender! Wir haben März! Ich wollte diese Woche mit der Frühjahrsbepflanzung anfangen!"
Sie nimmt einen Stapel Papier aus dem Ablagekorb und wedelt damit herum, "Ich hab auch meine Pflichten. Die ganzen Anträge auf Schnee lagen hier schon seit Wochen rum, soll ich damit lieber bis Mitte April warten?"
"Lassen Sie mal sehen", er nimmt die obersten zwei Blätter und platzt fast: "Die sind von Mitte Januar!" Er reißt ihr den Packen aus der Hand und wühlt durch die Anträge, "hier, 10. Dezember, weiße Weihnachten, Schulferien, Schneeparty zum Geburtstag am 22. Januar, Valentinstag im Schnee, … die sind doch alle fast einen Monat alt! Mindestens! Was haben Sie eigentlich im Januar gemacht, Däumchen gedreht?"
Die Situation ist ihr ein bisschen unangenehm. "Das ging nicht."
"Wie, das ging nicht?"
"Ich hatte die Hand verstaucht. Haben Sie schon mal mit verstauchter Hand Kissen geschüttelt? Ich habs ja probiert. Aber es geht nicht. Ehrlich."
Er knurrt etwas, das nach "Zwrrstgff" klingt, klugerweise hat er die Vokale rechtzeitig entfernt. Er atmet zweimal tief durch und fragt mit freundlicher Stimme: "Haben Sie nicht mal daran gedacht, sich zur Ruhe zu setzen? Sie sind ja nicht mehr die Jüngste. Und in dem Business … stellen Sie ein paar Helfer ein, die die Schmutzarbeit für Sie erledigen. Hab ich auch gemacht. Sonst hätte ich ja keine Zeit, hier mit Ihnen zu plaudern. Es dauert ein paar Tage, bis alle Aufgaben klar verteilt sind, aber danach ist das Leben viel entspannter."
"Entspannter", grinst sie, "das seh ich an Ihnen. So mega-entspannt wie Sie hier eben reingestürmt sind! Außerdem habe ich Angestellte. Es sind Saisonkräfte, mehr ist auf dem Arbeitsmarkt nicht zu kriegen. Am ersten März haben die beiden angefangen. Gucken Sie mal, wie schön die die Kissen schütteln können!"
Er guckt aus dem Fenster, schnappt nach Luft, taumelt und kippt um.

3 Kommentare:

  1. Statistikfreund7. März 2016 um 21:38

    Aber er ist nicht umgekippt. Ich soll das nachreichen. So ein vorderwestfälischer Gärtnermeister hat ja auch seinen Stolz.

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Nur Mut. So ein Kommentarfeld beißt nicht.