Dienstag, 18. März 2014

Kongopost 82

Richards Brief von der Reise nach Yuli

Tata Ezali Mokili und Mama Elisabeth, wie geht es euch? Ich war jetzt in Yuli, 300 km weit weg. Oft kann man da nur erahnen, wo der Weg im Dschungel hergeht.
In Yuli lebt man so arm und primitiv, dass der Pastor nicht mal ein Fahrrad hat. Aber ich wurde mit Freuden und großem Gebet empfangen.
Yuli war früher mal die erste Missionsstation der Engländer, und noch heute warten die Leute da in absoluter Starre und Lethargie darauf, dass die Engländer wiederkommen, oder etwas aus Europa oder vom Himmel fällt. So dachten sie, dass ich von der Diakonie mit Geschenken und Versprechungen komme, so wie früher die Missionare.
Vier Tage lebte ich bei ihnen. Zwei Tage brauchte ich aber, um meinen Ärger über die ganze Jammerei und Bettelei abzubauen und um Weisheit und um Jesu Liebe zu beten. Dann konnte ich endlich predigen und sagen:
„Ich verstehe euch ganz und gar. Ihr seht mich, wohlgenährt, mit guter Kleidung, Motorrad, Fotoapparat, und Bibeln zum Verkauf und ihr denkt, dass ich euch was schenke.“
In der ersten Reihe saß ein kleiner uralter, weißhaariger Greis, den ich aufstehen ließ.
Ich sagte der Gemeinde: „Seht den Alten hier! Wie lange wird dieser Opa noch leben? Seine weißen Haare zeigen, dass es hier mal zu Ende geht. Aber die Reihenfolge kennt man nicht. Die Missionare, denen ihr nachtrauert, sind also längst im Himmel bei Jesus und freuen sich, weil sie von ihm da gesegnet werden, weil sie sich mal für euch geopfert haben, so wie Jesus. Jesus ist für euch ja ebenso gestorben wie für die Weißen, aber wollt ihr ihm jetzt nicht wenigstens mal danken, indem ihr euch um die Hungrigen und Kranken hier kümmert? Wollt ihr denn mal im Himmel ganz ohne Freude und Segen ewig nur so rumsitzen?“
Dann habe ich Amos 5,21-24 vorgelesen, dass Gottesdienst, ohne Mitleid mit anderen, totaler Unsinn ist. „Kauft Bibeln und lest das mal nach“, hab ich gerufen, „früher wurden hier die Bibeln verschenkt, wie wertloses Zeugs. Das ist vorbei!“ Das waren Worte, die hier noch keiner gehört hatte und bald kamen einige mit Hühnern und anderen Naturalien, um so Bibeln zu kaufen.
Geld gibt es in Yuli nicht, und es spielt keinerlei Rolle. Zuletzt haben wir zusammen ein Programm gemacht, wie sie christliche Diakonie denn verwirklichen können, und einige Leute kamen schon mit Sachen, um Hungrigen zu helfen. Meine Bibelhühner sind natürlich auch dageblieben.
Nach einigen Monaten werde ich mal sehen können, was davon übriggeblieben ist, ob die ganze Aktion von Gott oder von mir war.
Auf der Rückreise bin ich noch mal gestürzt und mit dem Kopf hart aufgeschlagen, aber es geht schon, und ich habe meine Frau Nanella und die Kinder zuhause gesund angetroffen.
Ich sitze trocken und still hier am Computer und denke gerade, was ich oder ein Volltheologe mit Entwicklungsideen da gesagt oder getan hätten. Vielleicht bewegt aber gerade Richard mit seinen Bibeln da etwas ganz unten an den Wurzeln. Dafür bete ich hier.
Viele Grüße, Hans-Peter Gohl.

Ich sitze ebenfalls trocken und warm am Computer und denke drüber nach, dass wir Deutschen auch mal so eine Predigt nötig haben.
Wer ist dein Engländer, der alle deine Probleme lösen und Wohlstand und Glück bringen wird -- und der nie kommen wird, weil es ihn nicht gibt? 
Denk mal drüber nach, und dann Schuhe an und los. Genug gewartet.
Gruß, Vorgärtnerin.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Nur Mut. So ein Kommentarfeld beißt nicht.