Brief an Papa Mokili, Mama Elisabeth und alle Freunde in Deutschland.
Vorige Woche fielen hier in Basankusu wieder Schüsse. Als wir zusammen den Loporifluss hinauf gefahren sind, hast du ja selbst gesehen, wo die Bonobo-Affen ausgewildert werden. Weil die Bonobos ja an Menschen gewöhnt sind, sind sie sonst eigentlich friedlich.
Aber am Dienstag haben sie plötzlich die Betreuer angefallen und gebissen. Drei Männern haben sie Ohren und die Nase und einige Finger abgebissen und auch am Hals verletzt. Die sie sind bereits nach Kinshasa geflogen worden. Ob sie überleben werden?
Die Angehörigen der Verletzten kamen darauf mit Buschmessern, Speeren, Steinen und Benzin, um die Naturschützer zu lynchen und ihr Gebäude hier anzuzünden. Die Polizei war schneller und hat in die Luft geschossen, aber niemand verletzt.
Sogar Bischof Mokobe hat dafür plädiert, dass nicht nur aussterbende Tiere, sondern auch die Menschen Schutz brauchen.
Immer, wenn wir Schüsse hören, kommen Angst und die Bilder vom Krieg wieder.
Gestern bin ich aus Bosaola zurückgekommen. Zwei Nächte habe ich dort geschlafen, um auch wirklich alles sehen zu können. Das Motorrad lief einwandfrei und ich kam ohne Sturz an. Immer wieder muss man neu erinnern. Alten- und Krankenpflege ist eintönig, und schnell werden die Helfer müde und vergessen Versprechen.
Am Sonntagmorgen habe ich über Jesu Liebe zu uns Menschen gepredigt. Dann kamen 87 Leute und wir haben zweieinhalb Stunden über praktische Anwendung von Gottes Liebe hier im Dorf geredet.
Mein Thema war: Wie kann man denn Gott für all seine Güte, mit mehr als nur mit leeren, frommen Worten, danken? Allen wurde klar, dass wir was tun müssen, solange hier Leute Not, Hunger und Schmerzen haben. Später gingen wir von Hütte zu Hütte, um einsame Alte, Kranke und Behinderte zu besuchen. Am Ende haben sich 16 Leute vor Gottes Augen verpflichtet, drei zusammenbrechende Hütten zu reparieren, in denen echt Bedürftige hausten. 89 große Palmblattplatten stellten sie sofort für die Dächer zur Verfügung, und am Montagmorgen fingen sie gleich mit der Arbeit an.
Ende September soll ich kommen und die fertigen Arbeiten ansehen.
Bei diesen Besuchen habe ich nicht einen Dollar gegeben, was mir echt schwer fiel. Ich wollte unbedingt zeigen, dass Diakonie Besuch und Liebe ist und nicht Geld geben.
Fahrgeld für meine Reise oder Geld für eine Operation in der Stadt, wenn jemand schlimm krank wird, können die Leute hier natürlich nicht bezahlen.
Einige Leute sagten: „Wir dachten, dass du Fotos machen und nach Deutschland zur Mission schicken würdest, damit von da dann Geld kommt.“ Man wartet hier ja immer noch auf Segen von irgendwo. Aber einige Christen haben Freude daran bekommen, Bedürftigen zu helfen. Sie sagten: „Um jemand zu besuchen und Brennholz, ein paar Bananen oder Maniok mitzubringen, braucht man doch wirklich kein Geld. Da können wir Gott in Praxis für seinen Segen danken und auch mit neuem Segen rechnen.
Mir bedeuten solche Besuche Jesus zu treffen. Alle Menschen sind doch nach Gottes Ebenbild geschaffen, und so kann ich den Herrn Jesus bei den Leidenden in jedem Dorf mehrmals erkennen. Er sitzt da manchmal hungernd und weinend, halbnackt in einer zerfallenen Lehmhütte ganz alleine und einsam.
Wenn ich dann so jemand die Hand gebe oder ihm irgendwie helfen kann, berühre und helfe ich dem Herrn Jesus, und das ist ganz wunderbar für mich.
Jetzt bin ich aber wieder in Basankusu, und ich habe hier keinen Frieden. Meine Frau Nanella kocht bis obenhin vor Wut, denn Diebe haben gestern in ihrem Feld Maniok und jede Menge Zuckerrohr und Mais gestohlen.
Ahnungslos wie ich bin, habe ich auch noch gesagt: „Die Armen haben das vielleicht vor lauter Hunger getan, vergib ihnen doch.“ Da war es gut, dass ich gerade noch flüchten konnte. Heute früh ist sie mit einigen Freundinnen mit Knüppeln bewaffnet Richtung Feld abgezogen. Es wäre schlimm, wenn sie da jemand antreffen würden. Der müsste sehr schnell laufen können, wenn er lebendig bleiben wollte.
Zum Glück ist das Leben nicht langweilig. Gruß, euer Richard Iyema.
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Mehr Infos: gohlep (ät) web (.) de
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