„Du musst dich halt damit abfinden, dass Arbeit auch mal doof ist. Meinst du, ich hab jeden Morgen Lust aufzustehen?
Danke.
Danke für diese total wichtige Erfahrung, die ich bisher nie machen konnte.
Du bist so weise, so welterfahren. Du hast es einfach drauf.
Nach der Ausbildung hast du einen Job in dem Unternehmen gefunden, in dem du heute noch arbeitest. Das hebt dich natürlich von allen anderen Menschen ab, und vor allem hebt es dich über mich, sodass du mich an deiner Weisheit teilhaben lassen kannst und dann noch über meine Borniertheit meckern darfst, weil ich deine Weisheit nicht sofort und dankbar annehme.
Stimmt, ich habe keine fünfzehn Jahre Berufserfahrung wie du. Und ja, lange Zeit mit den selben Leuten zusammen zu arbeiten erzeugt manch ein Problem, das man innerhalb zwei Jahren am selben Arbeitsplatz nicht bekommen kann.
Aber was ist in dich gefahren, anzunehmen, dass ich bisher nie doofe Arbeitsstellen gehabt hätte? Wie kannst du nur glauben, dass ich davon ausgehe, dass ein Arbeitsplatz mit einer Sonnenschein- und Gute-Laune-Garantie verbunden sein könnte?
Wieso glaubst du, dass ich in den drei Jahren bei Firma K. (nur um ein Beispiel zu nennen) keinen einzigen Konflikt mit Kollegen oder Chefs gehabt habe, sodass ich die Erfahrung, dass "Arbeit auch mal doof ist" bisher nicht gemacht hätte?
Was denkst du, wie in der Zeitarbeit mit mir umgegangen worden ist und wie viel Lust ich da auf Schichtarbeit in lauten staubigen oder ölstinkigen Hallen gehabt habe?
Glaubst du wirklich, dass ich glaube, dass das Leben dem Lustprinzip folgt?
Und wo wir gerade dabei sind, kannst du dir vorstellen, wie sehr es mich ankotzt, dass mir jeder gute Ratschläge macht, was ich mal lernen sollte, welchen Beruf ich ergreifen sollte und was ich auf keinen Fall tun sollte, nämlich Gärtner werden zu wollen?
Kannst du dir vorstellen, erstens, dass mir klar ist, dass das ein körperlich anstrengender Beruf ist? Zweitens, dass ich weiß, dass man da bei jedem Wetter draußen ist?
Kannst du dir vielleicht auch noch vorstellen, dass ich, da ich Vor- und Nachteile abgewogen habe und immer noch dafür bin, keine Berufsberatung von selbsternannten Arbeitsmarktexperten wie dir brauche?
Ja, wir sind befreundet, und ja, wir sind es seit langer Zeit, und drittens ja, das heißt nicht, dass du mir nach dem Mund reden musst. Aber in dieser Frage erwarte ich deine Solidarität. Wenn schon nicht, weil du mein Freund bist, dann doch deswegen, weil du mich gut genug kennen solltest, dass ich keinen Job verweigere, weil ich keine Lust auf ihn habe.
Ich weiß, was ich will.
Und jetzt will ich nicht mehr darüber nachdenken.
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Gruß, SF