Sonntag, 17. Januar 2016

Literatur in Berlin

Ich war am Wochenende in Berlin -- nicht zur Grünen Woche, sondern um die nächsten Themen des Kranken Boten zu erarbeiten.
Samstags gabs Kultur im Café der Reformierten Kirche Moabit und irgendwann wurde ein munteres Gedichte-Aufsagen daraus.
Dabei ist mir aufgefallen, dass ich zwar einige Minnen im Vorgarten habe, aber nicht alle. Eine fehlte mir sehr.
Gerade habe ich sie gefunden (und dabei auch noch eine andere, die ich tatsächlich ganz vergessen hatte, sie kommt dann als nächstes dran). Ich habe die ganze Minnekunst mal dort [scroll, scroll] zusammengefasst.

In dieser von mir erdachten Fabel
geht's einem Ritter nicht nur miserabel
er wird gar eines Tag's ein Held.
Ich denke, dass euch das gefällt.
Leiht mir euer Ohr,
so will ich's tragen vor.
Die Person dieser Dichtung
heißt Baldur von der Lichtung.
Baldur ist gewitzet und charmant
und er kann auch allerhand,
er hat ein herzlich und edel Gemüt,
jedoch die Damen finden ihn etwas prüd'.
Aber das liegt nur daran,
dass Baldur zwar will, aber nicht kann,
denn er ist gar schrecklich arm.
Da hilft ihm nicht mal sein Charme.
Drum hält er sich immer
– leicht fiel's ihm nimmer –
von den feinen Damen fern
denn das sieht seine Börse gern.
Selbst gesungene Liebesbriefe,
egal ob schöne oder schiefe
weist stets freundlich er zurück
und zeigt dabei nicht sein Unglück.
So lebt Baldur lange und bescheiden,
da ist keiner, der ihn nicht mag leiden.

Doch wie es so geht im Leben
ist es dem Bösewicht gegeben
die Idylle zu stören.
Niemals wird das aufhören.
Der Böse in dieser Geschichte
macht Baldurs Ruf schnell zunichte.
Er sagt, dieser stehe auf kleine Jungen
und habe im Wirtshaus darüber gesungen
Seine Freunde können's nicht glauben:
„Wirtshaus würd' er sich nie erlauben!“
sagen sie, „und erst recht keine Knaben,
die mag er gar nicht haben!“

Kaum hat Baldur den Schock verwunden,
ist schon der nächste Streit gefunden,
da der Böse mit Absicht dieselbe begehrt,
die Baldur im Stillen schon lange verehrt.
Letitia ist der Name
dieser hochwohlgebor'nen Dame.
Baldur hat vom Theater genug,
ihm reicht's mit Lug und Betrug.
Er wirft hin den Handschuh der Fehde:
„Montag früh, und spar dir dein Gerede!“

Doch der Bösewicht ist feig und schwach.
Er denkt sich, Montag ist ein and'rer Tach
Ich will zuvor ein Untier erfinden
Lady Letitia lass ich verschwinden
Danach erzählt der Minnesänger
wie seit hundert Jahren oder länger
von einem gar schaurigen Drachen
mit unserer Maid in seinem Rachen.
Alle Mannen (auch Baldur) werden hin eilen.
Ich aber werde hier verweilen
und derweil die Dame heiraten.
Kaum kann ich's bis dahin erwarten.

Und allso geschieht es bald.
Alle reiten in den Wald
darinnen der Drache haust
oh, wie es sie doch graust!
Das Wetter ist neblig und klamm
Die Jäger machen groß' Tamtam
Doch in ihre Schau von Kunst und Stolz
bricht knackend hervor aus dem Unterholz
Der angeblich Menschen raubende Drache
er wird zur tobenden, wütenden Bache
die, ebenso gefährlich
wie Baldur unerklärlich
auf sein harmlos Ross zu stürmt,
das kopflos und erschrocken türmt.
Er kann sich nicht lang halten
an seines Sattels Falten
Er fühlt sich nicht wie'n Held,
wie er so fliegt und fällt.

Des Pferdes letzte Panikwelle
trägt ihn bis hin zur Traukapelle
wo des Fräuleins bittre Träne fließt.
Ihr Verlobter wär ein Biest,
so sagte ihr der Minnesänger
eine Stunde, oder länger
bis Letitia ihm glaubte
was der Kerl sich so erlaubte.
Der fliegende Baldur ist ihr gerade recht
sie schreit den Kerl an: „Du bist schlecht!
Baldur ist ein wahrer Held!
Er riskierte, dass er fällt!“
Laut zu Baldur sagt sie dann,
so dass es jeder hören kann:
„Baldur, vergiss die Biester
komm her, hier ist der Priester
sei du der Gatte für mich
so werde ich die Frau für dich!“
Ihr sagt, das Ende sei recht kurz,
doch glaubt, das ist mir völlig schnurz.

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ebenfalls entstanden in dieser augenscheinlich wahnsinnig kreativen Phase um April 2002 (jaja, wahnsinnig und kreativ…)

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