Der Kommunismus hat nicht nur eine Ideologie, sondern auch ein besonderes System der Marktwirtschaft hervorgebracht: Manche Dinge sind im Überfluss vorhanden, manche treten selten auf und erfordern Schlangestehen (oder gute Beziehungen) und manches ist gar nicht da. Das hält die Leute flexibel und sorgt dafür, dass sie ihre Gaben fantasievoll einsetzen.
Die vermutlich letzte westdeutsche Bastion dieser kommunistischen Wirtschaftsordnung ist meine Küche. Wenn ich Muffins backe, gehe ich in den seltensten Fällen nach einem Rezept vor, das heißt, ich habe vielleicht eins aufgeblättert, aber wahrscheinlich hatte ich das Rezept beim Einkaufen nicht aufm Schirm, sodass nicht alle Zutaten vorhanden sind, dafür aber reichlich andere. Aber eigentlich kann man bei Muffins nicht viel falsch machen, solange man sich an ein paar Richtlinien hält.
Die meisten Rezepte in Backbüchern fangen mit dem Mehl an, das gesiebt und mit dem Backpulver vermischt erst später zu Ei, Milch und so weiter gegeben wird. Ich will aber hinterher nicht so viel zu Spülen haben. Hier also die Zutaten für ungefähr 12 Stück in der Reihenfolge, in der sie verrührt werden:
100 g Margarine oder Butter bzw. 80 ml Öl – lieber kein Olivenöl, weil das Eigengeschmack hat und außerdem alles leicht grünlich werden lässt. Das geht dann besser bei herzhaften Muffins (dazu später mehr).
ein Ei – das Ei muss sein, selbst wenn es von der Nachbarin ausgeborgt oder dem Huhn aus dem Nest geraubt ist. Das Ei ist die unersetzliche Konstante der freestyle-Muffinsbäckerei, zumindest ist mir noch kein Ersatz eingefallen. Veganer haben Pech und müssen andere Dinge essen.
100 g Zucker oder zwei Esslöffel Honig, man kann auch Marmelade oder Sirup nehmen. Wenn der Jogurt (s.u.) schon süß ist, besser etwas weniger abmessen. Bei Schokomuffins stattdessen Nutella nehmen, oder die vorhandene Süße verwenden und ins Mehl einen EL Kakao geben.
250 ml Milch oder Buttermilch – oder 100 ml Milch und einen weißen Jogurt, und wenn es z.B. Obstmuffins werden sollen, kann es auch ein Fruchtjogurt sein, oder Saft.
250 g Mehl oder 150 g Mehl und 100 g Haferflocken, Müsli (die Nüsse raussammeln oder klein hacken), gemahlene Mandeln oder Nüsse, Reis oder Milchreis (den aber bitte vorher kochen, sonst knirscht es beim Kauen), zerkleinerte Cornflakes …
2 ½ TL Backpulver – siehe Ei, aber es muss selbstverständlich kein Teelöffel sein. Sicherheitshalber gut unter das Mehl rühren und vielleicht noch ne Prise Salz, wenn vorhanden.
Dazu kannst du jetzt beliebig Obst geben, oder Rosinen bzw. Backobst, Citronat, Schokostreusel, Smarties, Liebesperlen, besser keine Gummibärchen, denn die werden steinhart, Marzipan (dann aber weniger Süße in den Teig) oder wonach die Laune gerade ist. Zu bedenken gilt aber, dass, je mehr „Zubehör“ dazu kommt, es auch mehr Muffins werden. Dann gegebenenfalls Mehl und Flüssigkeit nachschütten und irgendwann auch ein Ei. Ein echt kommunistischer Partykracher sind mit Lebensmittelfarben (oder Zuckercouleur, Rote Beete etc.) gefärbte rot-weiße Marmormuffins.
Sollen die Muffins nicht nur prima schmecken, sondern auch noch gut aussehen, etwas Deko einplanen. Da geht auch alles außer Freund Gummibärchen, der olle Plombenzieher. Schlussendlich ist jedoch festzuhalten, dass kein Rezept wirklich funktioniert, wenn etwas in der Küche fehlt – auch dieses „Backen-ohne-Rezept“-Rezept nicht. Dann helfen nur Kreativität, Heilsgewissheit und ein intakter Freundeskreis.
Bei Umluft 180 °C oder Elektro 200°C bitte 20 bis 25 Minuten backen. Ich kann leider nur Angaben für einen Standardherd machen, denn ich habe noch nie Outdoor-Muffins auf dem Holzkohlegrill gebacken. Das wäre dann eine Versuchsreihe für sich.
Wenn es übrigens mal herzhafte Muffins geben soll, ist das natürlich überhaupt kein Problem und erfordert nur minimales Umdenken beim Thema „Süße“. Stattdessen kannst du das ganze Gewürzregal hindurch gehen (bzw. streuen) und gerne 1 bis 2 Teelöffel Kräuter oder Pesto. Wunderbar gehen auch Speckwürfel. Gern gesehene Gäste im Labor für herzhafte Muffins sind Ketschup, Majo und Senf. Beim Gemüse gilt dann noch zu beachten, dass es verschiedene Garzeiten hat. Zucchini ist schneller durch als Möhre oder Sellerie, also entsprechend dünnere Stücke schneiden oder das „Hart-Gemüse“ raspeln bzw. andünsten.
Noch ein Tipp von Dr. Juppi Sternekoch: Wenn der Teig total missraten ist, versuch mal, das Zeug an die Russen zu verticken, die verwenden es vielleicht als Raketentreibstoff.
Donnerstag, 22. Januar 2009
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Gemüse-Käse-Muffins liebe ich!!!
AntwortenLöschenAber du bäckst so ähnlich wie ich :).