Samstag, 10. November 2012

Mäte, Mäte joot Mann

Der Mäte ist der Sankt Martin des Bergischen Landes.
Genauer: bei uns.
Woanders heißt er anders. Das kann schon im nächsten Dorf so sein.

Früher, als ich klein war, gab es den Mäteszuch mit rotbemanteltem Reiter und Pferd vorneweg und singen, singen, singen und am Schluss vom Zuch den Posaunenchor. Dorf rauf, Dorf runter. Allemann zum Bolzplatz, wo in Aufsicht der Freiwilligen Feuerwehr ein großes Feuer loderte.
Das war meist am 9.11. Oder wann die Feuerwehr Zeit für uns hatte. Und die Polizei, um die Straße ober- und unterhalb des Dorfes abzusperren.
Bei uns auf dem Dorf gab es aber nur einen Kindergarten und eine Schule, die den Zuch zusammen machten, deswegen hat das immer gepasst.

Und es gab das Mätessingen.
Mätessingen war am 10.11. und ging so.
Frühzeitig wurde im Kindergarten oder in der Schule eine Laterne gebastelt. Drinnen war ein Haken aus Draht, damit die Laterne am Stiel mit Batterie und Lämpchen befestigt werden konnte.
Ja, es gab schon batteriebetriebene Laternchenlämpchen, denn ich bin zwar im vorigen Jahrhundert aufgewachsen, aber im hinteren Drittel desselben.
Nach erfolgter Bastelei hoffte man dann auf trockenes Wetter, erstens läuft es sich trocken besser durchs Dorf, zweitens hält auch die Laterne viel länger. Es gab natürlich keine Regel, dass man nach Hause musste, wenn die Laterne hin war, aber he, mal ehrlich -- wie sütt dat dann uss?!
Und dann ging es mit einem Beutel oder Rucksack und den Freunden und der Laterne los. Singen, singen, singen.
Laterne, Laterne, Sonne Mond und Sterne,
brenne auf mein Licht, brenne auf mein Licht,
aber nur meine liebe Laterne nicht!
Laterne, Laterne, Sonne Mond und Sterne!
Das dürfte so ziemlich das bekannteste Lied sein.
Dann gabs noch:
Durch die Straßen auf und nieder,
brennen die Laternen wieder
rote, gelbe, grüne, blaue,
lieber Martin komm und schaue!
Bei den Nachbarn haben wir da immer Lieber Bernhard komm und schaue gesungen, weil der Martin damals schon nichts mehr im Sinn hatte mit dem Kinderkram, der ist nie an die Tür gekommen. Aber sein Bruder Bernhard.
Mein damaliges Lieblingslied ist leider völlig unaufschreibbar, weil es sich nur um gesprochene Worte handelt.
Ich versuch es trotzdem. Es geht ja schließlich drum, Kulturgüter zu bewahren.
Mäte, Mäte joot Mann,
der us jod jett don kann,
Äppel un de Bieren,
wollen wir reskieren.
Die zweite Strophe war schon etwas offensiver.
Nu loss uns nit so lang hie stonn,
wir hann noch’n wieden Wech zu jonn,
von hie bis över de Wupper,
morjen müss mer drüver fuppen.
Fupp, fupp, fupp!
Wenn sich dann was tat im Haus, haben wir folgendes weiter gesungen:
Hie wönnt en reicher Mann,
der uns wohl wat jewwen kann.
Selich soll er lewen, selich soll er sterben,
dat Himmelreich ererben.
Wenn sich nach dem Fupp, fupp, fupp! nichts tat, wurde das gesungen:
Dat Huus dat steht up Herken
hie wönnt en jitzich Ferken.
Dat Huus dat steht up Kollen
dat soll der Deuwel hollen!

Heutzutage ist es eher Mätesklingeln. Erst wird geklingelt, wenn dann jemand zur Haustür kommt, wird gesungen.
Klingeln -- das gab es bei uns nicht. Das war nur für die, die nicht laut genug singen konnten. Deswegen sind wir immer in großen Gruppen unterwegs gewesen.

Und warum schreib ich das alles auf, jetzt, wo das Mätessingen gerade vorbei ist?
Ich bin umgezogen und natürlich auf nichts vorbereitet gewesen. Kein Lied gelernt, keine Laterne gebastelt, keine Süßigkeiten bereit gestellt.
Vorhin klingelte es dann, ich zur Tür, die Nachbarin holt mich auf halber Treppe ein. Heute ist Mätessingen, sagt sie, die haben einfach überall geklingelt. Wenn ich mal zu langsam bin, unten neben der Tür steht eine Schüssel mit Süßigkeiten.
Okay, sag ich, also geh ich einfach nicht mehr zur Tür, wenns klingelt.
Das war natürlich ein Fehler, denn irgendwann klingelt es bei mir, ich reagier nicht, es klopft.
Da steht der zweitjüngste Nachbar im Flur und schenkt mir:
  • eine Mandarine 
  • einen Schokoriegel 
  • ein Bonbon 
  • ein Päckchen bunter Schokolinsen.
Ganz ohne Singen!!

9 Kommentare:

  1. Sehr schöner Post, hat mir gut gefallen! :)

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  2. Mein Lieblingslied war immer das:
    (es ist leider auch unaufschreibbar, aber genau wie Frau Vorgarten gebe ich mein Äußerstes.)

    Sankt Maatin, Sahankt Maatin,
    Sahankt Maatin ritt durch Schnee und Wind,
    Sein Ross, das trug ihn fort geheschwind.
    Sankt Maatin ritt mit leichtem Mut,
    Sein Mantel deckt’ ihn warm und gut.

    Im Schnee saß, ihim Schnee saß,
    Ihim Schnee, da saß ein alter Mann,
    Hatt Kleider nicht, hatt Lumpen an.
    "O helft mir doch ihin meiner Not,
    Sohonst ist der bitt’re Frost mein Tod!"

    Sankt Maatin, Sahankt Maatin,
    Sahankt Maatin zog die Zühügel an,
    Sein Ross stand still beim aharmen Mann.
    Sankt Maatin mit dehem Schwerte teilt
    Dehen warmen Mantel un-ver-weilt.

    Sankt Maatin, Sahankt Maatin,
    Sahankt Maatin gab den hahalben still:
    Der Bettler rasch ihm dahanken will
    Sankt Maatin ahaber ritt in Eil’
    Hinfort mit seinem Man-tel-teil.
    -----------------
    Ich mag es so, weil es so gruselig-schrecklich ist (ein Bettler, der im Schnee sitzt, der muss ja schrecklich frieren) und weil die Geschichte ein gutes Ende nimmt.

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    1. Sanktmartinsfreund12. November 2012 um 00:19

      ich seh grad, ich hab da ein paar uhu und ehe und ihi und so unterschlagen.
      Sing es dir einfach mal vor, dann weißt du, woho diehi hingehöhören.

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  3. Ich glaub, ich habe gar kein Lieblingslied gehabt...

    Irgendwie fand ich das generell immer toll, so durch die Straßen zu wandern und Süßigkeiten zu bekommen. Welches Lied dabei getrellert wurde, war mir glaub wurscht :D

    In Bayern sind die da irgendwie prakmatischer. Das mit den Süßigkeiten und dem umherlaufen, lassen die einfach aus. Welch Sauerei! Aber dafür gibt's ja dann Halloween. Ganz großes Kino. Am besagten Abend hat genau eine Gruppe geklingelt. Leider habe ich nicht so toll reagiert und danach hat wohl keiner mehr gewagt zu klingeln. Ich vermisse eben doch das Kinder-gesinge :) Das klappt besser, als erpressen :)

    Ich hoff, St. Martin geht mit dem ganzen Halloween-Scheiß nicht unter. Das wäre jammerschade. Also Juppi, geh bitte nächstes Mal zur Tür, wenn die an St. Martin klingeln :) Ich schick dir auch die Süßigkeiten hoch ^^ :)

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  4. Ich bin auch im Bergischen aufgewachsen. Danke, für die schönen Kindheitserinnerungen.

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  5. Das eigentliche Mäten-Singen findet nur im Bergischen zur Martin Luthers Geburtstag statt, da dieser zu seinem Geburtstag immer die Kinder in der Nachbarschaft beschenkte und so zogen die Kinders des Bergischen Landes von Haustür zu Haustür und ersangen sich Süßes. Das hat rein gar nichts mit dem Martinstag 11.11. zu tun, den der ist auf den Heiligen St. Martin von Tours zurückzuführen (Mantelteilung und man erhält einen Weckmann, der den St. Martin darstellen soll). Leider weiß das kaum noch jemand und es vermischt sich immer mehr zu einem Laternenumzug. Das o.g. Mätenlied ist aber das zu Martin Luther am 10.11. und das Sankt Martin zum 11.11.

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  6. Mein Neffe hat mit drei immer gesungen Rabummel Rabummel kawumm

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  7. Ja an diese schöne Jugend und Kindheit kann ich mich auch erinnern. Das schöne bergische Land. Leider jetzt weg gezogen. Jetzt kommt hier nur süßes oder saures.... Kultur geht verloren.
    Deine Beschreibung passt sehr gut zu unserem Dorf damals. Hoch und runter und der Bolzplatz lag am Ende von ner Seitenstraße runter direkt neben der Turnhalle. Da schwelgt man in Erinnerungen. Danke
    Gruß Micha

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    1. Das freut mich. Bitteschön!
      (lies gerne weiter bei mir, das Bergische Land ist oft vertreten in meinen Geschichten und Beiträgen.)

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