Sonntag, 4. Januar 2015

Angewohnheiten loswerden -- Radfahren lernen

Es gibt einen Haufen guter Angewohnheiten.
Freundlichkeit, Treue, Pünktlichkeit, Liebreiz, Gastfreundschaft, Langmut ... ...
Die will wohl keiner loswerden.
Deswegen geht es hier natürlich nur um die unerwünschten, die schlechten Angewohnheiten.
Da hat jeder Mensch seine eigene "persona non grata", eine Neigung, die er oder sie lieber heute statt morgen loswerden würde.
Bezeichnend bei den meisten "Unangewohnheiten" ist meist, dass man sie nicht gern öffentlich machen will, und weil das bei mir ganz genauso ist, halte ich die folgenden Ausführungen neutral.

(Das Thema wollte ich übrigens zeitlich passend vorm Jahreswechsel auf die vorgärtliche Agenda bringen -- rate, was mir einen Strich durch die Rechnung machte?)

Ich habe im Laufe der Zeit die Erfahrung gemacht, dass es zwei Arten gibt, Unangewohnheiten loszuwerden.
Ich vergleiche sie mit den ersten Radfahrversuchen eines Vorschulkindes -- sofern das ohne Stützräder vonstatten geht. Ich hatte keine, denn meine ältere Schwester hatte sie kaputt gefahren und meine Eltern fanden, es müsse ohne besser gehen.
Ich kenne Kinder, die wurden von ihrem Papa aufs Fahrrädchen gesetzt, "Nun fahr mal los!" und nach ein paar Stürzen wegen unbedachter Lenkmanöver war die richtige Balance erreicht. Danach gab es nur noch Hilfeschreie, "Nicht so schnell! Du musst bremsen!! Langsam!! "
Kinder werden augenblicklich taub, wenn ihnen so etwas nachgebrüllt wird.

Solche Kinder wie ich, die sich nicht so wagemutig fühlten, bekamen Hilfestellung. Der Papa stabilisierte das Rädchen erst eine Weile am Sattel oder am Gepäckträger und schob auch ein bisschen, damit das Kind ein Gefühl fürs Fahren bekam, bevor er losließ.
(Früher waren die Kinderfahrräder nicht so winzig wie heutzutage, geht mir gerade auf, sonst hätten unsere Väter das geduldige Anschieben am Gepäckträger nicht ohne Rückenleiden ausgehalten.)

Eine meiner Unangewohnheiten hat mich viele Jahre begleitet. Ich war mir die meiste Zeit darüber im Klaren, dass sie schlecht war und mir ein schlechtes Selbstbild vermittelte und nur eine billige Abstraktion dessen war, was der Meister aller Unangewohnheiten mir vorgaukelte. Ich wusste, dass es mir nicht gut tat und ich bin trotzdem immer wieder in die Falle getappt. Ich habe das Thema sogar im Laufe von etwa zehn Jahren bei zwei verschiedenen Seelsorgern angesprochen und es ist trotzdem nicht von mir gewichen.
Irgendwann erklärte Gott mir, dass ich die Sache nur loswürde, wenn ich mich entschieden dagegen stellte. Ich müsse es loswerden wollen -- und dem Widersacher die Stirn bieten. Ihn nicht hereinlassen, auch wenn er mit verlockenden Angeboten an die Tür klopfe.
Das war sehr schwer und ich habe es auch ein paar Male nach dem göttlichen Tipp nicht hinbekommen. Aber irgendwann klappte es doch, stark genug zu sein. Der Triumph war groß.
Der Widersacher versuchte es erneut, aber wer ihm einmal nicht geöffnet hat, weiß auf einmal wie es geht.
Der Rest war nicht eitel Sonnenschein, aber ich hatte endlich kapiert, wie es lief.

Eine weitere meiner Unangewohnheiten hat mich ebenfalls viele Jahre begleitet und sie war auch nicht gut für mich, hatte aber ihre Ursache an einer ganz anderen Wurzel meines Lebens.
Da brachte mir Gott eines Tages ein sprichwörtliches Kinderfahrrad mit und sagte, komm, wir versuchen es zusammen. Ich halte dich fest, ich bin immer dabei.
Im Laufe von einem Monat lernte ich, eine Regelmäßigkeit in Sachen Vermeidung zu lernen.

Neulich fragte ich Gott: "Was hat Mister S denn eigentlich davon, wenn ich bei dieser Sache schwach werde? Das kann dem doch egal sein?"
"Er will dir schaden, mein Kind."

Das hältst du jetzt vielleicht für blauäugig oder rosabrillig oder sonst irgendwas -- aber mir war das nicht klar. Seit ich es begriffen habe, dass es dem Widersacher nicht unbedingt um seinen Gewinn geht, aber immer um meinen Verlust, übe ich radfahren mit der Verbissenheit eines Kindes, das nichts anderes will als so zu fahren wie die Großen.

Da ich ja alles neutral gehalten habe, kannst du jetzt einfach deine Unangewohnheiten in die Beispiele einfügen und mit dem himmlischen Papa das Kinderfahrrad ausprobieren gehen. Oder ihn um ein besseres Beispiel fragen, wenn du mit dem Vergleich nichts anfangen kannst, weil du vielleicht Stützräder hattest oder ein Laufrad.

1 Kommentar:

  1. Yesss!!! Super, danke, passt grad gut zu meinem heutigen Tag! Sehr gut formuliert, auch wenn's neutral gehalten ist, vermittelt es einleuchtend, um was es eigentlich geht.

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Nur Mut. So ein Kommentarfeld beißt nicht.