Montag, 15. August 2011

Kongopost 40

Seite 2 aus meinem Reisetagebuch.
Nach der Reise haben Richard und ich noch viele Kilometer zurückgelegt und viele Menschen getroffen.
Die haben sich alle gefreut und uns wie Verwandte aufgenommen.
Mit dem Stotterauto sind wir 200 km nach Baringa gefahren, wo die Bibelschule ist und das alte Krankenhaus mit einem neuen, ganz jungen Arzt, mit wenig Erfahrung aber viel Energie und Ideen.
Nach einem Erholungs- und Reparaturtag in Basankusu fuhren wir nach Mondjonzo zu Pastor Nkoso. Der Kirchenkreis von Mondjonzo war der hoffnungsloseste. Aber Nkoso hat, nachdem er in Kinshasa sein Theologiestudium beendet hatte, in nicht mal 2 Jahren ein Haus gebaut, Ziegen- und Schweinezucht begonnen, Felder mit Reis, Zuckerrohr, Zwiebeln, Tomaten, Erdnüssen und Maniok angelegt und eine Dorfapotheke angefangen. Zwei sechzehnjährige Waisenjungs beherbergt er und bildet sie zu Dschungellandwirten aus und, ich habe 40 Frauen gezählt, die bei ihm Lesen und Schreiben lernen. Auch Richards Diakonieprogramm findet dort statt.

In und um Basankusu habe ich alle mit Grüßen versorgt und Pépé habe ich die Krawatte geschenkt. Der sieht echt tödlich damit aus. Er zieht sie aber nur sonntags an, sagt er.
Dann haben wir flussabwärts viele Leute besucht, die teilweise noch durch die Überfälle der Enyelerebellen traumatisiert waren.

Zuletzt erreichten wir die Provinzstadt Mbandaka, wo ein Flugplatz für Kinshasa und Fernziel Düsseldorf und Elisabeth ist. In Mbandaka habe ich bei meinem Freud Jérémie gewohnt, der mit seiner Frau Bébé da echte christliche Mitmenschlichkeit lebt.

6 Wochen lang war ich unterwegs und habe keine Schramme, kein bisschen Malaria und nicht mal Durchfall bekommen, obwohl an vielen Orten Cholera ausgebrochen war. Wir waren alle sicher, dass Schutzengel jeder Waffengattung um uns waren.
Aber ich hatte ein großes, ganz anderes Problem:
Um 18 Uhr wird es am Äquator dunkel, und bald ist man fertig und legt sich hin, meistens ohne Matratze.
Ich bin 75, und war dann schon mal kurz nach Mitternacht wieder wach und hatte bis es dämmert, Zeit zum Pläne schmieden, Beten und Gott Vorwürfe zu machen wegen Booka, dem Baby, das Spina bifida hat (eine kaputte Wirbelsäule), wie unser Enkel Julian.
Richard hatte mir im März ein Foto von dem Baby und seinen hilflosen Eltern aus dem tiefsten Urwald geschickt.
„Vater im Himmel, ich hatte dich doch gefragt, was ich tun soll. Gleich am nächsten Tag ist als Antwort eine ganz unerwartet große Spende einer Gemeinde gekommen.
Ein Wunder nach dem anderen geschah, so dass die kleine Familie in Rekordzeit in Kinshasa in der Uniklinik war und bei diesen verlogenen und korrupten Ärzten. Hast du uns da verlassen?
Eine Tausend-Dollar-Sendung nach der anderen ging dahin, und eine Ausrede und Lügenstory nach der anderen kam aus Kinshasa, bis sie endlich eine Operation gemacht haben! Das Geld ist auf! Wie soll das weitergehen?“ - waren jede Nacht meine Vorwürfe an Gott.
Als ich nach Kinshasa kam, war ich am 10.6. ja selber in der Uniklinik, und sie haben mir hoch und heilig versprochen, die nächste Operation schnell zu machen.
Immer, wenn wir dann von einer Urwaldtour zurück in Basankusu waren, wo die Antenne ist, konnte ich mit Elisabeth und auch nach Kinshasa telefonieren. Zuletzt hatte ich da einen gläubigen Rechtsanwalt angespitzt, sich um das Drama zu kümmern. Aber am Ende habe ich nur noch für das arme Kind um Erbarmen gejammert. Ich war ganz kaputt, und mein Gebet war nur noch zusammenhangloses Jammern: „Herr hilf, Herr hilf doch endlich!“ Auch tagsüber war ich abwechselnd depressiv oder aggressiv.
In meiner Bibel habe ich gelesen: Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht, und des Nachts finde ich keine Ruhe! Das hat mir aber auch kein bisschen weiter geholfen. - Bis ich hinten in der Bibel einen Zettel mit dem Gebet von Charles de Foucauld fand:

Mein Vater, ich überlasse mich dir, mach mit mir, was dir gefällt.
Was du auch mit mir tun magst, ich danke dir.
Zu allem bin ich bereit, alles nehme ich an.
Wenn nur dein Wille sich an mir erfüllt und an allen deinen Geschöpfen,
so ersehne ich weiter nichts, mein Gott.
In deine Hände lege ich meine Seele;
ich gebe sie dir, mein Gott, mit der ganzen Liebe meines Herzens, weil ich dich liebe,
und weil diese Liebe mich treibt, mich dir hinzugeben,
mich in deine Hände zu legen, ohne Maß, mit einem grenzenlosen Vertrauen;
denn du bist mein Vater.

Ich habe das Gebet bisher immer noch nicht ganz ehrlich bis zu Ende gebetet, weiß aber schon, dass alleine aus dieser Richtung heilender Frieden kommen kann.
Gruß, Hans-Peter Gohl.

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Für Kontonummern und andere Fragen wende dich bitte an gohlep (ät) web (.) de

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