Reinhard Mey: In Lucianos Restaurant
An manchen Tagen hör ich mich sagen:
„Kinder, kommt her, mir knurrt der Magen,
lasst uns ein kleines Essen austragen
in Lucianos Restaurant!“
Da ess ich eben für mein Leben
gern und wenn die Kinder sich daneben
benehmen und ausrasten und abheben
stört bei Luciano sich niemand daran.
„Buongiorno, Signora, buongiorno, Dottore!“
Da klingt die Mandoline im Ohre,
da lacht der Knoblauch aus jeder Pore,
„Heute, Signore, ganze frische Fisch!“
Erst Streit um die Plätze, dann wie ich’s erwarte,
zanken die Kinder sich um die Karte
„Hört auf, sonst gibt’s gleich mal eins auf die Schwarte!
Nein, und wir spiel’n jetzt auch nicht unterm Tisch!“
Erst mal ein Glas Asti, also jetzt fasst die
Bande mir in meine Antipasti!
„Also zum letzten Mal, jetzt lasst die
Kerze in Ruhe, die Pfoten weg!“
Die Blumenvase erliegt der Trotzphase
der rote Wein funkelt im Glase.
„Nimm endlich den Finger aus der Nase,
hör auf zu sägen mit deinem Besteck!“
„Wann kommt denn nun endlich unser Essen?“
„Nein, auf dem Stuhl da hab ich gesessen!“
„Musst du das ganze Brot vorher auffressen?“
„Na, mit euch geh ich noch mal ins Lokal!“
„Ellnbogen vom Tisch und hör auf, so zu schmatzen
und mit dem Zahnstocher im Ohr zu kratzen!“
„Musst du die Kinder denn immer vergratzen?“
„Nein also wirklich, das war’s letzte Mal!“
„Hierher die Pizza, da die Canneloni!“
„Ach was, Peperoni isst du sowieso nie!“
„Puste mir nicht in meine Macceroni!“
„Vorsichte, iste der Teller sehr heiß!“
„Einmal Tomate mit Mozzarella“
„Iste beste Wein von meine Keller!“
Lulu tanzt vorm Nachbartisch Tarantella,
„Pass auf, dein Ärmel hängt in den Reis!“
Es kippt etwas um, es fällt etwas runter,
hier geht es drüber, da geht es drunter,
T-Shirts und Tischdecken werden schon bunter,
„Papa, ich muss mal ganz dringend aufs Klo!“
Kinder auf allen Vieren, die Kellner jonglieren,
„Lass mich mal deine Lasagne probieren“
„Musst du dich immer mit Ketchup beschmieren?“
Die Gesichter glänzen zufrieden und froh.
Der Friede zieht ein, vorbei das Gezanke,
„Noch ein Glas Rotwein?“ - „Ach bitte, ja danke“
und eine kleine fettige Pranke
legt zärtlich mir ein Stück Thunfisch aufs Knie.
Sambuca für Mama, Sambuca für Papa,
von ferne Belcanto und Tellergeklapper
Und dann mit der Rechnung vom Hause zwei Grappa
ich liebe sie, diese Zeremonie!
Mag sein, dass ich beim Geh’n ein klein wenig lalle
al mio amore in die Arme falle.
„Das Leben ist schön, ich liebe euch alle,
wie heißt es doch: Kinder, Wein, Weib und Gesang!“
An manchen Tagen hör ich mich sagen,
„Kinder mir knurren Seele und Magen,
lasst uns ein kleines Essen austragen,
in Lucianos Restaurant!“
Der Text ist von auf der CD „Farben“ aus dem Jahre 1990
Einfach phänomenal, wie viel Text dieser Mann in eine Zeile kriegt!
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vor 1 Tag
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