Beim Jäten vor einigen Wochen fallen mir drei Alpenveilchen auf, die nicht von uns ins Beet gesetzt worden sind.
"Na, ihr drei, was seid ihr denn, Kraut oder Unkraut?", frage ich sie.
"Kraut, Kraut, Kraut, Kraut!", rufen sie rhythmisch und klatschen die Blättchen gegeneinander.
"Aha", sage ich, "bloß erzählt mir das ja jede Pflanze."
Entsetztes Schweigen im Beet. Mein Ruf eilt mir voraus.
"Wie wäre es mit ein paar Argumenten?", biete ich an.
"Wir … blühen", wispert die eine.
"Das tut das meiste Unkraut. Fortpflanzung und so."
"Wir sehen gut aus", versucht es das zweite.
"Gar kein gutes Argument."
Bibbern im Beet. "Wir sind ja nur wir drei."
"Und nur hier … Unkraut gibts doch überall."
"Wir stehen als Dreieck. Das kann kein Unkraut selber machen."
"Okay", sag ich und jäte drumherum.
Heute treffe ich sie wieder. Die Jahreszeit ist nicht gut mit ihnen umgegangen, sie haben insgesamt noch ungefähr fünf Blüten.
Ich so: "Kraut oder Unkraut?"
Die Drei haben ihre Lektion gelernt: Argumente her, aber fix! "Kraut!"
"Der Regen ist schuld und die Hitze!"
"Wir haben Knospen!", rufen sie durcheinander.
Ich gucke unter jedes Blätterdach, und tatsächlich, sie haben Knospen. Mehr als Blüten. Man muss auch an die Zukunft denken. Ich jäte drumherum.
"Kraut, Kraut, Kraut, Kraut!", rufen sie erleichtert und klatschen die Blättchen gegeneinander.