Vorm türkischen Gemüsehändler spricht mich ein junger Mann südländischen Aussehens an, er hat ein paar Rosen in der Hand. Ich bin noch wahlkampfgeschädigt und winke gleich ab, nein danke, keine roten Rosen.
Ach bitte, erklärt er, er habe Hunger und möchte sich etwas zu essen kaufen. Eine Rose. Gegen Spende.
Dann hätten Sie ja besser was zu essen gekauft statt Rosen, gebe ich zu bedenken.
Aber er habe eine Familie zu versorgen, und für Rosen gebe es mehr Geld.
Okay, sage ich, aber ich will keine Rose. (Ich habe meine Runde durch die Stadt gerade erst angefangen und zu Schirm, Rucksack und Beutel will ich nicht auch noch eine Rose tragen.) Ich gebe ihm zwei Euro.
Der Mann bedankt sich und ich ziehe meiner Wege. Kurz überlege ich, dass er ja auch gelogen haben könnte. Vielleicht aber auch nicht, und dann hab ich ihm geholfen.
Am hinteren Ende meiner Besorgungsrunde steuert vorm Aldi eine junge Frau auf mich zu, ebenfalls südländischen Aussehens, ebenfalls mit ein paar Rosen, der gleiche Text.
Ich sage: Nein, ich habe Ihrem Kollegen schon was gespendet. Ich bin sauer: er hat mich tatsächlich angelogen. Das heißt wohl, dass ihre Geschichte auch falsch ist. Na danke.
Sie habe keinen Kollegen, widerspricht sie. Und wenn ich ihr Geld geben würde, könnte ich auch zwei Rosen bekommen. Nur ein paar Cent. Bitte.
Ich bleibe dabei: ich habe schon gespendet und ich will keine weiteren Spenden geben und auch keine Rosen.
Sie wird bockig, reißt einer Rose den Kopf ab und schmeißt die Einzelteile vor mir auf den Boden. Damit zieht sie ab.
So geht man ja weder mit Menschen noch mit Rosen um.