Was tut man, wenn man unverschuldet und unvorbereitet fast zwei Wochen offline ist?
Man besinnt sich auf analoge Hobbys.
Der ganze digitale Kram führt einem doch nur vor Augen, was gerade nicht geht.
Ich habe (wenn ich nicht allerhand andere Dinge tat) gelesen.
Eifelkrimis von Martina Kempff, die ich dir hiermit ans Herz und die Leselampe legen möchte -- sofern du auf Wortspiele stehst. Aber würdest du das nicht, wärst du ja nicht hier.
Band 1: Einkehr zum tödlichen Frieden
Band 2: Pendelverkehr
Band 3: Kehraus für eine Leiche
Band 4: Knochen im Kehricht
(gar so unscharf sind meine Fotos diesmal nicht geworden, dass ich die Titel hätte dazu schreiben müssen, aber vielleicht tippt sie ja jemand ein und dann tun die Suchbegriffe endlich mal das, wofür sie wohl erfunden wurden.)
Die ganze Chose spielt im Örtchen Kehr, das liegt sehr nah an der Grenze zwischen Belgien, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Drei "Länder" sind für die Geschichte ausreichend, da von größeren Reisen abgesehen wird.
Hauptperson ist die Ex-Modejournalistin Katja Klein, die in Berlin aufgewachsen ist und die in der Eifel der Herkunft ihrer Mutter auf die Spur kommt.
Da es Krimis sind, kannst du dir vorstellen, dass das nicht so einfach vonstatten geht und ihr überproportional viele (vor allem für so einen dünn besiedelten Landstrich wie die Schnee-Eifel) Leichen im Weg liegen.
Die erste Leiche ist die ihres Halbbruders, und die erste Verdächtige ist sie selber.
Natürlich stehen ihr auch eine Menge lebender Menschen im Weg. Gleich auf den ersten paar Seiten von "Einkehr.." trifft der Leser den belgischen Polizisten Marcel (betont auf der ersten Silbe), die rheinland-pfälzische Gudrun, die nordrhein-westfälische Fine, dazu einen schwarzen Hund, der zuvor ihrem Bruder und nun ihr gehört. Davon abgesehen hört er selten.
Verzeihung.
Ich kann vier Bücher nicht zusammenfassen, ohne dass dies ein sehr langer Beitrag wird, deswegen empfehle ich dringend, Band 1 zu erwerben oder auszuleihen und selbst zu lesen. Die Lust auf Band 2 bis 4 kommt dann ganz von selber. Mir haben 1 und 3 am besten gefallen.
Die ganze Geschichte wird aus Katjas Sicht erzählt, gelegentlich wird eine Rückblende eingefügt. Die Charaktere sind komplex und gut ausgearbeitet, die Szenen sind anschaulich beschrieben, die Landschaft zum Liebhaben.
Man merkt: die Autorin hat da gelebt und nicht nur einen Reiseführer gelesen und dann Satellitenbilder angesehen, um den Straßenverlauf beschreiben zu können.
Sprache ist für sie nicht nur Mittel zum Zweck, sondern eine Kunstform.
Sie schreckt nicht mal davor zurück, Fremdwörter zu verwenden, um eine Alliteration zu erschaffen. Ich mag so etwas und ihre Bücher sind die ersten seit langem gewesen, für die ich mein Fremdwörterbuch konsultiert habe. Internet hatte ich ja keins.
Das soll dich aber nicht abschrecken. Nur Klugscheißer möchten wissen, was ein Äquilibrium ist. Andere lesen darüber hinweg und kapieren trotzdem alles.
Die Verlagsarbeit ist sehr gut, Grammatik'fehler' sind dem Eifeler Deutsch geschuldet. Ansonsten habe ich keine bemerkt. (Was dem Verlag aber eingefallen ist, mitten in der Reihe das Coverlayout zu wechseln, erschließt sich mir nicht.)
Für die Begleithandlung ist es hilfreich, die Bücher in Reihenfolge zu lesen, der jeweilige Fall funktioniert auch, wenn man nur ein Buch liest.
Die Verbrechen und ihre Aufklärung sind teilweise etwas langatmig geschrieben, als hätte die Autorin alle Ergebnisse ihrer Recherchen unterbringen wollen. Weniger wäre da mehr gewesen.
Allerdings kenne ich das Problem nur zu gut, deswegen habe ich die Ausführungen mit Gnade gelesen.
Und die Bücher mit Freude.