Der Affe.
Ein junger Mann, der nach erfolgreichem Studium sein Diplom erhalten hatte, suchte lange und überall vergeblich, eine Arbeitsstelle.
Eines Tages erfährt er, dass ein Zoo in einem zentralafrikanischen Land, dessen Name aber nicht genannt werden soll, eine Arbeitstelle ausgeschrieben hat. In seiner Not bewirbt er sich da sofort. Man will sein Diplom gar nicht sehen, stellt ihm aber ein Gehalt von 300 000 FTTC in Aussicht, wenn er den kürzlich verstorbenen Schimpansen vertritt, dessen Fell man abgezogen und präpariert hat.
Nach der langen Zeit in Erwerbslosigkeit und allen Nöten nimmt er das Angebot wie ein Geschenk Gottes. Jetzt wird er jeden Tag essen und sich auch manches andere erlauben können.
Am nächsten Tag kommt er pünktlich zur Arbeit, schlüpft in das Affenfell, das ihm gerade so passt, weil er klein und mager ist. Dann setzt er sich in die äußerste Ecke des Käfigs, und als die Besucher kommen kratzt er sich mal hier und mal da und lässt sich im Übrigen bestaunen.
In der darauf folgenden Nacht schläft er schlecht und ist am Morgen noch todmüde. Schnell zieht er das Affenfell an und schläft in seiner Ecke fest ein.
Plötzlich wird er aber von einem Tierpfleger, der sauber machen muss, grob geweckt und aus seinem in einen anderen Käfig gejagt. Hier erst wird er ganz wach und sieht zu seinem Entsetzen, dass da ein schlafender Löwe liegt.
„Oh mein Gott, das ist das Ende“, denkt er. „Man hat mich betrogen, ich soll in Wirklichkeit als Löwenfutter dienen.“ Trotzdem ruft er mit zittriger Stimme um Hilfe, aber so leise, dass der Löwe nur nicht wach wird.
Wie groß ist aber seine Verblüffung, als der Löwe plötzlich leise sagt: „Bruder, sei still und hab keine Angst. Ich bin, wie du, nur aus Not und wegen der Arbeitstelle hier. Im diesem Zoo gibt es fast keine lebendigen Tiere mehr, nur lauter arme Studenten. Das Krokodil da im Wasser ist ein ehemaliger Chemiestudent, die Giraffe hat einen Doktortitel in Geologie und so weiter.
Der Zoo wird von europäischen Tierfreunden finanziert, und wir sorgen nur dafür, dass das Geld weiter läuft. Europäer haben doch auch unser Studium bezahlt.
Sei still und mach den Job, Bruder!“
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Der Autor im Kongo ist unbekannt, schreibt aber, dass man Gott danken und zufrieden sein soll, wenn man überhaupt eine Arbeit hat, ob die nun gefällt oder nicht.
Man erfährt aber auch von der Not unendlich vieler fähiger junger Menschen in Afrika. Nicht nur einen Zoo, nein, man könnte wahrhaftig die Nationalparks mit erwerbslosen Studenten ersetzen. Es ist ja einfach, Stipendien zu zahlen und Schulen zu unterstützen, aber eine Wirtschaft ankurbeln, das ist ein Problem.
Die Löwengeschichte sagt uns auch, dass hinter manchen Situationen und in vielen Menschen etwas ganz andere steckt, als wir befürchten oder vielleicht erwarten. Darum sollen wir uns erst mal beruhigen und abwarten, wie sich eine Sache wirklich entwickelt.
Auch Gott ist mir unverständlich, wenn ich im Gebet an das Elend so vieler Menschen denke, und ich bekomme Angst, wenn meine Gebete nicht erhört werden. Trotzdem will ich aber solange es eben geht, glauben was der der alte David gesagt hat:
Barmherzig und gnädig ist Gott, groß ist seine Geduld und grenzenlos seine Liebe! Er bleibt nicht immer zornig und bestraft uns nicht, wie wir es verdient hätten. Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, so groß ist seine Liebe zu allen, die ihm mit Ehrfurcht begegnen. So fern der Osten vom Westen liegt, wirft Gott unsere Schuld von uns fort! Ja, wie ein Vater seine Kinder liebt, so liebt er alle, ihn ehren.
Herzliche Grüße, Hans-Peter Gohl.