Samstag, 27. Oktober 2007

Leben ohne Gott

kann ich mir nicht vorstellen.
Das ist keine dieser Floskeln, sondern ich weiß wirklich nicht, wie das ist. Ich bin mit Jesus aufgewachsen in einer christlichen Familie mit allsonntäglichem Gottesdienstbesuch und so weiter.
Ich habe also keine spektakuläre Bekehrungsgeschichte, Gott hat mich nicht von Drogen oder anderen Süchten befreien müssen und er musste mich auch nicht im Knast besuchen.
Mein Leben ist nicht so.
Trotzdem habe ich mal versucht mir vorzustellen, wie mein Leben ohne Gott verlaufen wäre. Davon abgesehen, dass ich ziemlich sicher gar nicht mehr am Leben wäre, wäre es total hoffnungslos gewesen.
Das Glaubensleben meiner Jugend ist nicht besonders lebendig gewesen, aber ich wusste immer: es gibt einen Gott und er hält die ganze Welt in seiner Hand, also auch mich.
Und wenn ich mich in der Natur umgeschaut habe (ich bin ein ziemlich naturverbundener Mensch), habe ich ihn auch überall erkennen können. Wenn es winzigkleine Insekten gibt, die ihre Kumpels tragen, konnte die Welt nicht bei einem riesengroßen Knall oder aus Materiematsche entstanden sein.
Die schöne Natur hat mich natürlich nicht davor bewahren können, ständig zwischen Ängsten, Hoffnungslosigkeit und globalen Abschiedsgedanken hin und her zu schwanken.
Früher war ich sehr schüchtern und in Volksmengen ab drei Personen ängstlich; die Schule war schrecklich. Nicht nur die Lehrer haben sich ständig neue Schikanen ausgedacht, sondern da waren ja auch noch mindestens achtundzwanzig Mitschüler, angebliche Schul-„Kameraden“, die vor keiner Untat zurückschreckten.
Einmal wurde ich sogar zum Klassensprecher gewählt, weil die Leutchen einen brauchten, der den Drecksjob für sie erledigt – und der Lehrer sagte, auf meine Frage, ob ich auch ablehnen könnte, so eine Wahl sei eine Ehre, das lehne man nicht ab. (Keine Ahnung, in welcher Demokratie der groß geworden ist, aber das ist ein anderes Thema.)
Warum habe ich mich in der ganzen Aufhäufung unerträglicher Katastrophen nicht umgebracht?
Lag es an der Höhenangst, die verhinderte, dass ich auf Gerüsten oder Brückengeländern balancierte, um den geeigneten Absprungpunkt zu finden?
Lag es an der Angst vor den körperlichen Reaktionen auf Gift oder das Erwachen, wenn ich zu früh gefunden worden wäre?
Oder lag es an der Angst vorm Wasser, weshalb Ertrinken von vornherein ausschied?
Ich hab mich gefühlt wie ein totaler Versager: vorm Leben wie vorm Sterben zuviel Angst.
Irgendwie und ohne dass ich es merkte, hat Gott sich einen Weg in meine Höhle aus Angst gebahnt und mich langsam, Stück für Stück, das rausgeholt.
Früher wäre es undenkbar und völlig abwegig gewesen, dass ich mal einen lustigen Spitznamen wie „juppi“ haben könnte. Mittlerweile passt er richtig gut zu mir, mehr noch: Julia war früher, jetzt ist juppi. Ich bin nicht mehr die, die vor allem Angst hat, deswegen musste mit der neuen Identität auch ein neuer Name her.
Denn das ist es: Gott hat mir eine neue Identität gegeben, eine ohne Angst vor Leuten und vor deren Reaktion auf das, was ich tue, ich muss keine Angst mehr haben, dass ich im Himmel benachteiligt werde, weil ich bis jetzt nur eine Person zu Jesus gebracht habe.
Und vor allem muss ich keine Angst mehr vor dem Leben haben, weil Jesus mir Perspektive gegeben hat. Ich habe einen Sinn gefunden in meinem Dasein.
Ich hoffe, weil ich Hoffnung habe und ich glaube, weil ich weiß, da ist einer, für den sich der Glaube lohnt. Und ich liebe, weil ich weiß, wer mich zuerst geliebt hat.

2 Kommentare:

  1. Ich find es klasse das du deinen (Gottes) Weg gefunden hast. Also nicht das du endlich Gott gefunden hättest, den hattest du auch früher schon. Aber Gott zu haben und auf Gottes Weg zu gehen sind doch zwei unterschiedliche Dinge. Gott hat schon eine seltsame Art Menschen auf seinen Weg zu bringen. Allerdings geht das oft durch Tiefen die erstaunlicher Weise immer tiefer werden können. Auch wenn man denkt jetzt ist man ganz Unten und es könne nur noch aufwärts gehen, gerade dann erlebt man das es noch tiefer geht. Wenn man dann ganz unten ist findet sich erstaunlicherweise grade da ganz unten Gottes Weg und man ist schneller wieder oben und noch viel höher als man sich das je gedacht hat.
    Auch wenn mein Leben in gegensatz zu deinem sicherlich erheblich anders verlaufen ist (vllt mit Ausnahme der Zeit von Nov. 92 bis Sep 94), so ist doch das was man allgemein das geistliche Leben nennt relativ ähnlich verlaufen. Die äußren Umstande sind nicht vergleichbar aber was vergleichbar ist, ist der Weg den man gehen muss um auf Gottes Weg zu kommen.

    Wenn du dir Gedanken machst wie dein Leben verlaufen wäre wenn du ohne Gott gelebt hättest, so ist das sicher nicht vergleichbar. Ohne Gott wär deine Schulzeit sicher angenehmer verlaufen und auch andere Unannehmlichkeiten wären dir wahrscheinlich erspart geblieben. Nur am Ende deines Lebens wärst du dann wesentlich hoffnungsloser wie jetzt. Ich hoffe das es dir im Nachhinein Wert war.

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  2. Weißt du Juppi!? Das ist toll!

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Nur Mut. So ein Kommentarfeld beißt nicht.