Brief der Mama Mwangulu Marie Jose in Manyanga, Demokratische Republik Kongo.
Lieber Ezali Mokili. Vielleicht hast du uns alle schon vergessen, aber früher hast du hier mal die Kirche in Manyanga gebaut, und wir Frauen haben damals für dich und deine Jungs gekocht.
Ich habe jetzt die Gelegenheit, dir einen Brief zu schreiben und auch zu schicken.
Ich bin 1959 hier in Manyanga geboren und bin Helferin der Gemeinde Jesu von 1993 bis jetzt.
Meine Eltern waren Cadeluchristen, aber sie starben, als ich erst 7 Jahre alt war.
Da begann für mich das harte Leben der Urwaldwaisenkinder: Hunger, Dreck, Schimpfe, Schläge, Isolation. Oft schlief ich heimlich in der Kirche, weil mich niemand aufnehmen wollte.
Manche Leute hielten mich für ein Hexenkind, und wenn ich in ihre Nähe kam, jagten sie mich weg und warfen Steine nach mir. Das war hart.
Aber als ich älter wurde, stand ich schon mal ganz hinten in der Kirche, um die Worte von Jesus zu hören. Das hat mich aber immer ganz traurig gemacht, und ich musste weinen, weil das ja alles früher mal gewesen war.
Beim Vater-Unser habe ich nachher mitgebetet, und zu meinem persönlichen Gebet wurde: „Dein Wille geschehe im Himmel und bitte auch einmal in meinem Leben.“
Aber eine Frau der Gemeinde hat mich nie weggestoßen. Sie ließ mich nachher auch in ihre Hütte und gab mir zu essen. Dann hat sie mir Jesus erklärt, bis ich mich taufen ließ. Sie wurde auch meine Taufmama und hat mir wirklich Liebe gegeben. Ich habe bei ihr gewohnt, wie ihr eigenes Kind, und ein ganz neues Leben fing für mich in ihrer Sippe an.
Auch zur Schule hat sie mich geschickt, aber ich hatte keinen Verstand, da etwas zu lernen. Was ich wirklich gut konnte, - Pflanzen, Säen und Ernten im Urwaldfeld.
Ich habe auch geheiratet, und ich hatte einen guten Mann, aber wir bekamen keine Kinder. Als mein Mann ganz plötzlich starb, fing für mich das Elend der Urwaldwitwen an.
Es war wieder so wie in meiner Kindheit, und zuletzt musste ich wieder mein altes Gebet beten: „Dein Wille geschehe im Himmel, lass ihn doch auch wieder in meinem Leben geschehen.“
Da kam eine innere Stimme: „Du hast gesunde Arme und ein Feld im Urwald, sitz nicht rum und heule, hilf denen, die noch ärmer sind als du!“
Ich sah plötzlich so viele Arme, Kranke, Einsame und Waisen- und Hexenkinder, - Leute, wie ich.
Seit der Zeit habe ich keinen Frieden mehr, aber eine große Sehnsucht zu helfen.
Einige andere Frauen haben sich schon längst angeschlossen, und wir helfen mit dem bisschen, was wir haben. Wir besuchen, beten, trösten, verbinden, geben zu essen, machen Freude. Das macht mich glücklich.
In unserer Kirchengemeinde fand man das plötzlich auch gut, und wir bekommen seit langem schon Zuwendungen von anderen Gemeindemitgliedern, denn der Geist der Barmherzigkeit ist hier angekommen.
Jetzt freuen wir uns, dass Richard aus Basankusu hier mit ganz neuen Diakonie-Ideen angekommen ist.
Mein Leben hat in Gottes Augen einen Sinn bekommen.
Sein Wille geschieht nicht nur im Himmel, sondern auch hier und in meinem Leben. Amen!
Ich, Mama Mwangulu Marie Jose in Manyanga
Ich kann über diese Urwaldgeschichte nur mit dem alten Jesaja sagen:
„Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell!“
Und das alles durch eine kleine schwarze Frau.
Gruß, Hans-Peter Gohl - Ezali Mokili
Adventsreihe :: Beobachten
vor 1 Tag
Wow, ein sehr bewegendes Zeugnis. Danke fürs teilen!
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