Dienstag, 24. April 2012

Fastenzeit 2012

Fastenzeit, hä?, denkst du dir, die ist doch längst vorbei?
Stimmt.
Ich will dir bloß noch erzählen, womit ich meine diesjährige Fastenzeit verbracht habe.
Das Thema war
sieben Wochen ohne Selbstverdammnis
und Selbstverdammnis klingt erst mal ziemlich veraltet. So wie Höllenpforte, Feuerpfuhl und Satansbrut.
Wer verwendet heutzutage noch solche Worte?
Niemand.
Aber du verwendest Selbstverdammnis.
Mal mehr, mal weniger.
Selbstverdammnis geht so: „Na großartig. Ich hab dir doch gleich gesagt, dass das schief geht. Wenn du neulich dies und das getan hättest, wärst du gar nicht in diese Situation gekommen. Aber das bist du jetzt selber schuld.“
Unhörbar, nur in deinem Kopf. Ganz unauffällig schleicht sie sich an und ist schließlich nicht mehr wegzukriegen.
Weil ich gemerkt habe, dass ich solche Sätze in Endlosschleife durch meine Hirnwindungen gehen lasse – und dabei sicher nicht glücklicher werde – lag es nahe, bewusst einen anderen Weg einzuschlagen.
Die Fastenzeit kam mir da gerade recht, sozusagen als zeitlich begrenztes Versuchslabor.

Nun ist es ja so, dass Süßigkeitenfasten viel einfacher ist.
Einfach?!, wirst du widersprechen, das ist doch nicht einfach!?!
Doch.
Süßigkeiten laufen nicht von selber in deinen Mund. Wenn du keine kaufst, hast du keine zuhause. (Und ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe auch schon mal Süßigkeiten gefastet.)
Diese dich selbst zugrunde richtenden Sätze kommen jedoch ohne dein Zutun in dein Hirn. Ganz subtil. Irgendwas klappt nicht und dir fällt ein, dass du vor Beginn der Tätigkeit noch überlegt hast, ob die Planung gut war.
War sie nicht. WAR SIE NICHT! DU PFEIFE!

Der Weg in die Gegenrichtung ist mindestens so hart wie Süßigkeiten zu fasten.
Erstens verbannst du die schlechten Gedanken aus deinem Kopf (und wenn sie wiederkommen, schickst du sie erneut weg) und zweitens musst du dann auch noch gute Gedanken finden, um die Leere zu füllen, musst dich loben, gelungene Aktionen hervorheben und so weiter.
Für einen ungeübten Sich-selbst-Lober ist das schwer.
Aber es ist wie fast alles im Leben reine Übungssache. Mit der Zeit lernst du, dich zu loben, und du lernst auch, Lob anzunehmen – sogar wenn andere dich loben.

Dennoch habe ich das zeitlich begrenzte Versuchslabor in eine Langzeitstudie umgewandelt.
Wenn du zwanzig Jahre Selbstverdammnis geübt hast, kriegst du sie nicht in sieben Wochen raus aus dem Kopf.

2 Kommentare:

  1. wow - danke für deine Ehrlichkeit. Das klingt nach sehr harter Arbeit. Und danke, dass du immer wieder die Worte und Gedankenanstupser findest, die mir fehlen in bestimmten Situationen. Ich sollte vielleicht auch damit anfangen mit diesem Fasten.

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  2. 7 Wochen ohne Selbstverdammnis!?
    Frau Vorgarten, wie haben Sie das den geschafft!?
    Und jetzt den Rest des Lebens...
    Mein Respekt ist schon mal gewiss!

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Nur Mut. So ein Kommentarfeld beißt nicht.