Freitag, 2. Juli 2010

Kongopost 27-2

Im Laufe der Zeit kam dann diese Geschichte, als Fortsetzung.

An Papa Mokili.
Ich wundere mich jedes Mal sehr, wenn Gott mein Gebet erhört. Gleichzeitig habe ich aber auch Angst, denn Gott war dann sicher ganz nah bei mir. Wer bin ich denn, dass ich in Gottes Licht sein könnte?
Ich will dir sagen, was passiert ist.
Ich habe ein Problem seit diese behinderte Frau hier ist, die nicht eher weggeht, bis sie einen Rollstuhl hat. Ich hatte ja schon von ihr geschrieben und das Foto geschickt.
Sie heißt Marie Jeanne Ikoka und ist 35 Jahre alt. In einem Urwalddörfchen, ungefähr 200 km von hier ist sie als einziges Kind geboren und wurde nachher krank und gelähmt. Sie krabbelt auf allen Vieren durch den Dreck. Die Eltern starben, und eine uralte Großmutter erbarmte sich dann einige Jahre über sie, bis die auch starb.
Es gab jetzt niemand mehr, der solch einem Krüppel helfen würde, und die Not wurde groß. Die einzige Möglichkeit für sie zu überleben war, wenn ein Mann bei ihr schlafen wollte. Dann bekam sie Geld oder Lebensmittel. So ging es einige Jahre, und sie hatte zuletzt vier lebendige Kinder, die hungerten. Zuletzt war sie immer wieder mit den Kindern und dem Hunger allein gelassen. Als sie ganz am Ende war, versuchte sie sich der christlichen Gemeinde anzuschließen, um dort Hilfe zu bekommen.
Da hat sie in der Kirche begriffen, dass es Hölle gibt und zwar zweimal. Sie sagt zweimal, weil sie als Behinderte bereits in einer Hölle lebt.
Aber in der Gemeinde wurde nicht nur über die Hölle gesprochen, und einen Bibelvers hat sie nie vergessen: Wenn Vater und Mutter mich auch verlassen, aber der HERR nimmt mich auf! Darüber hatte der Pastor wohl gepredigt.
„Das ist meine einzige Chance, daran will ich mich jetzt halten“, hat sie gesagt und ist jetzt den weiten Weg gekommen um da zu sein, wo Gott helfen könnte, - hier zu mir auf den Hof.
Nachdem sie mir das alles erzählt hat, hatte ich keinen Frieden mehr.
Wegschicken konnte ich sie nicht, helfen aber auch nicht. Was sollte aus den Kindern werden? Wer sollte denen mal Kleidung geben? Wo könnten die wohnen? Sie hatte nicht mal einen Kochtopf´, nur das, was sie auf dem Leib trug. Den langen Weg waren die armen Kinder mit ihr barfuss und fast nackt bis hierher gekommen.
Wenn so etwas ist, muss ich so oder so beten: „Herr, Unmöglich gibt es bei dir doch nicht. Zeig mir doch bitte jetzt, was dein Wille mit dieser Familie ist!“
Als ich mit Beten fertig war, hat meine Frau Nanella gesagt, dass sie doch einen ihrer Wickelröcke der Mama Marie Jeanne geben könnte.
„Das ist Gottes Antwort“, habe ich zu ihr gesagt, und als ich etwas später im Büro meinen Computer öffnete, fand ich deinen Brief, worin du geschrieben hast, dass du sonntags 400$ von jemand bekommen hast.
Eine unserer Alten- und Behindertenhütten ist frei geworden, da können die einziehen, und von dem vielen Geld können wir die fein ausstatten mit Topf, Messer, Eimer, Lampe, Laken, Kleidung. Vielleicht bleibt sogar noch was übrig, dass wir die Kinder demnächst zur Schule schicken können.
Die anderen Heimbewohner werden mir dann wohl ein paar Tage böse sein, weil sie neidisch sind. Wenn du einverstanden bist, kaufe ich denen dann eine Kleinigkeit, dann sind sie sicher schnell wieder lieb.
Verstehst du jetzt, warum ich mich wundere und gleichzeitig Angst habe?
Es soll dir gut gehen, ich dein Bruder Richard.

1 Kommentar:

Nur Mut. So ein Kommentarfeld beißt nicht.